2024 / Weidbuchen: Die schönsten Bäume im Schwarzwald und in den Vogesen


Veröffentlicht am 03.01.2024 in der Kategorie Natur & Naturschutz von Axel Mayer

Weidbuchen: Die schönsten Charakter-Bäume im Schwarzwald und in den Vogesen


Zu den schönsten und beeindruckendsten Baumgestalten im Schwarzwald, in den Südvogesen und auf der Schwäbischen Alb zählen die Weidbuchen. In ihrer bizarren Form drückt sich auch Geschichte aus. Geschichte von Menschen und von Bäumen, vor allem aber Geschichte von guten und schlechten Zeiten auf dem Wald...


Früher standen Weidbuchen
fast überall auf den alten Weidfeldern im Südschwarzwald und in den Vogesen. Heute sind diese landschaftsprägenden Baumgestalten leider selten geworden und durch den Klimawandel gefährdet.


Weidbuchen sind eine besondere Wuchsform
der Rotbuche (Fagus sylvatica). Ursache für ihr eigentümliches, skurriles Wachstum ist der Verbiss durch das Vieh, denn die Rinder auf den Weiden fressen gerade in Mangeljahren neben Gras und Kräutern auch gerne die Blätter und Triebe junger Buchen. So litten die Jungbuchen in wirtschaftlich armen Zeiten jahrzehntelang unter dem Verbiss und dem Tritt des Viehs. Dennoch trieben einige der kleinen Buchenbüsche jedes Jahr erneut aus. So wurde aus den kleinen jungen Pflanzen langsam ein „Kuhbusch“. Ein kleines, unscheinbares Büschlein kann bis 50, in manchen Fällen auch über 110 Jahre alt sein.


Eine Schwarzwaldziege bei der "Weidbuchenproduktion"... Ein "Kuhbusch" kann natürlich immer auch ein Ziegenbusch, ein Schafbusch oder ein Rehbusch sein. Durch Verbiss wird die junge Buche jahrelang im Bonsai-Stadium gehalten.


Der Lebensweg der Weidbuchen

Nach vielen Jahrzehnten reicht das Kuhmaul oder das Maul der Ziege
nicht mehr in die Mitte des Kuhbusches und die mittleren Triebe wachsen schnell in die Höhe. Die kleinen Stämme wachsen eng aneinander und manchmal sogar zu einem dicken Stamm zusammen. So wird aus dem "badischen Bonsai" nach Jahrzehnten ein Baum und nach über hundert Jahren eine beeindruckende, landschaftsprägende Baumgestalt, die auch von guten und schlechten Zeiten auf dem Wald und von der Geschichte des Schwarzwaldes erzählt. Manche Weidbuchen im Schwarzwald haben einen Umfang von bis zu sieben Metern. Irgendwann, nach 200 Jahren, brechen die Weidbuchen zusammen und aus vermoderndem Holz wächst neues Leben.


Weidbuche noch im frühen Stadium als Kuhbusch


Weidbuche im späteren Stadium als Kuhbusch

Im 17. und bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts erfolgte die Beweidung mit ca. 1 Großvieheinheit (GVE) auf 2-3 ha Weideland. Das Aufkommen von Gehölzen und der geringere Verbissdruck werden unter anderem mit politisch-gesellschaftlichen Ereignissen wie dem Dreißigjährigen Krieg in Zusammenhang gebracht.
Die Zahl der Viehhalter war niedriger und die Weidepflege wurde weniger intensiv betrieben. Die heutigen großen Weidbuchen (im Schwarzwald) könnten vor allem in diesem Zeitraum entstanden sein.

Quelle:Jahrringanalytische Untersuchungen an Weidbuchen im Südschwarzwald



Die Weidbuchen im Wiesental, am Schauinsland und Belchen
wurden in den Jahren 2003 bis 2006 zahlenmäßig erfasst. An 1600 Stellen wurden noch Weidbuchen gefunden: (viel zu wenig kleine Kuhbüsche und Jungbäume), freistehende Exemplare und uralte Bäume. Die beeindruckenden Baumgestalten toter Weidbuchen finden sich im "aufgeräumten" Schwarzwald leider sehr selten.


Eine beeindruckende, abgestorbene Weidbuche


Baumpilze und neues Leben wächst aus den (Weidbuchen-) Ruinen

Wer Weidbuchen für unverfälschte Natur hält, der irrt.
Unverfälschte Natur im Schwarzwald wären große Wälder. Gerade die Weidbuchen sind menschengemachte Kultur-Natur.

Die heutige, intensive Form der Kuhhaltung und der Milchwirtschaft
würde die Entwicklung vom Kuhbusch zur Weidbuche nicht mehr zulassen. Am Wiedener Eck gibt es erste Versuche von Naturschützern und Biologen eine neue Generation von Weidbuchen wachsen zu lassen. Und selbst die immer intensivere Form der Milchwirtschaft im Schwarzwald kann der politisch gewollten Globalisierung und dem Trend zur "Kuhfabrik" mit 1000 Tieren nicht standhalten. Die wenigen Kühe, die Sie im Schwarzwald noch auf Weiden sehen sind eigentlich "Museumskühe". Mit den kleinen und mittleren landwirtschaftlichen Betrieben stirbt auch die Vielfalt der Natur. Nicht nur hier sind die Naturschützer zumeist die letzten Verbündeten der kleinen und mittleren Landwirtschaft.

Weidbuchen „passen eigentlich nicht“ in unsere Zeit...


Es sind in Würde gealterte Charakterbäume, die nicht in unser Botox-Zeitalter passen, in der Falten weggespritzt werden und in der ein hysterischer Jugendkult schon lange nicht mehr auf die Menschen beschränkt ist.


Weidbuchenpflege ist Naturschutz
Wenn Bäume alt werden, ja überaltern, wird ihr ökologischer Wert immer größer. Sie bieten dann Lebensraum und „ökologische Nischen“ für speziell angepasste Lebewesen. Tote Ast- und Stammpartien, ausgefaulte, mulmgefüllte Baumhöhlen und Spechtlöcher, lockere Rindenpartien und Baumpilze: all das sind kleine Sonderbiotope, die bedrohten, teils interessanten und seltenen Arten Lebensmöglichkeiten bieten. Leider gibt im aufgeräumten Schwarzwald fast keine sterbenden und abgestorbenen Weidbuchen mehr.


Eine abgestorbene Weidbuche im Wald. Erinnerung an längst vergangene Urwälder im Schwarzwald...


Abgestorbene Buchenblätter nach einem zu warmen Frühjahr mit späten Frösten. Üblicherweise "kein Problem" für Buchen, doch die Bestände sind durch Wärme und Trockenheit geschwächt.


Die einzigartige Natur und Landschaft
im Schwarzwald braucht unseren Schutz. Ein Biosphärengebiet im Südschwarzwald und ein Nationalpark Nordschwarzwald sind Schritte in die richtige Richtung. Die extremen Witterungsbedingungen der letzten Jahre, ausgelöst durch den menschengemachten Klimawandel, bedrohen zunehmend auch die Wälder im Schwarzwald und die Buchen. Das neue, große Waldsterben macht auch vor den Weidbuchen und Buchen im Schwarzwald nicht halt. Viele Menschen begehen die ausgeschilderten Weidbuchenwege im Schwarzwald. Sie besichtigen wunderschöne, wertvolle "Restnatur" in einem Naturmuseum.

Aktuell & wichtig!


Flächendeckend stirbt der Wald und auch die Buchen und Weidbuchen sind massiv bedroht. Wer da noch von "Waldumbau" redet, der verharmlost und lügt. Wir erleben aktuell ein Waldsterben 2.0 welches das Waldsterben in den 80er Jahren des letzten Jahrhundert bei weitem übertrifft. In den 80er Jahren gab es massive Aktionen, Demos & Proteste der Umweltbewegung. Doch wo ist die Protestbewegung gegen das Waldsterben 2.0? Angesichts der Dimension der Schäden genügt es nicht die Proteste an Fridays for Future zu delegieren!"



Die "katholischste" aller Weidbuchen ist die alte Buche beim "Balzer Herrgott" - auch Winkelherrgott genannt, eine eingewachsene steinerne Christusfigur bei Wildgutach im Schwarzwald.


Weidbuche - Totholz in Korsika im oberen Tavignano-Tal
Im Schwarzwald gibt es zwar noch einige (vom Waldsterben aktuell bedrohte) Weidbuchen. Doch junge Weidbuchen im Kuhbuschstadium sind selten und fast nur noch im Belchengebiet zu finden.
Und für Weidbuchen-Totholz fehlt uns im aufgeräumten Deutschland der Mut. Totholz passt nicht in unsere auf- und ausgeräumte Landschaft. Im oberen Tavignano-Tal in Korsika finden sich Kuhbüsche, Weidbuchen und eine Vielzahl von tief beeindruckenden, abgestorbenen alten Bäumen. Erfreulich viele junge Weidbuchen gibt es noch in den Kammlagen der Südvogesen.

Text & Fotos & Weidbuchenliebhaber: Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein




Leider notwendiger Nachtrag:
Die wenigen, erhalten gebliebenen, historischen Altstädte, die restlichen Naturschutzgebiete am Oberrhein und die Weidbuchen verbindet eines: Sie sind zunehmend Inseln in einem Meer von Scheußlichkeit.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein




Aktuell: Erweiterung Nationalpark Schwarzwald: Säger, Jäger, FDP & CDU gegen Natur & Naturschutz

Infosammlung: Natur, Naturschutz & Naturgebiete, in Südbaden, im Elsass und am Oberrhein





Klimawandel,Feuer, Waldbraende, Artensterben,Windenergie
Immer mehr Klimawandelleugner und Energiewendegegner argumentieren mit gezielt vorgeschobenen "Artenschutz-Argumenten" gegen Energie aus Wind & Sonne. Bei den großen Bränden in Australien und in Amazonien sind Milliarden Tiere auf eine entsetzliche Art und Weise gestorben. Die menschengemachte Klimakatastrophe wird die globale Artenausrottung und das Waldsterben massiv beschleunigen. Diese Fakten müssen, auch wenn's uns Naturschützern manchmal schwerfällt, bei allen regionalen Planungsvorhaben in die immer notwendige Artenschutz-Betrachtung einbezogen werden.

Genau in dieser Frage unterscheiden sich gemeinwohlorientierte Naturschutzverbände von egoistischen Bürgerinitiativen.










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  • 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.

Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


Getragen von der kleinen Hoffnung auf das vor uns liegende Zeitalter der Aufklärung (das nicht kommen wird wie die Morgenröte nach durchschlafner Nacht)



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