"NAI HÄMMER GSAIT!" Kein AKW in Wyhl und Anderswo - Ein Plakat und eine selbstbewusste Umweltbewegung / 1975-2025


Veröffentlicht am 01.02.2023 in der Kategorie Atomkraft von Axel Mayer

"NAI HÄMMER GSAIT!" Kein AKW in Wyhl & Anderswo - Ein Plakat und eine selbstbewusste Umweltbewegung


Nai hämmer gsait! Kein Atomkraftwerk in Wyhl und anderswo / 50 Jahre kein AKW in Wyhl


Dieser Satz und das alte Plakat
im Winter 1982 - 1983 (als der Bau des AKW wieder einmal kurz bevor stand) entworfen von Hubert Hoffmann, stehen für die erfolgreiche, selbstbewusst-alemannische, grenzüberschreitend-trinationale Umwelt- und Anti-Atombewegung im Dreyeckland, die in Wyhl (D), Kaiseraugst (CH) und Gerstheim (F) den Bau von drei Atomkraftwerken verhindert hat. Ursprünglich allerdings stammt das Motiv von einem Transparent der Bauplatzbesetzung 1974/75 in Marckolsheim die mit am Anfang der Klimaschutzbewegung steht. Das "awer" (siehe unten im Foto) im Ursprungstext zeigt deutlich, dass hier elsässische Transparentmaler am Werk waren und dass der grenzüberschreitend-gemeinsame Dialekt viele Variationen hat.


Als Plakatidee
hat Hubert Hoffmann den Satz des Marckolsheim-Transparents für die Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen aufgegriffen. Hubert war in der Zeit der Wyhl-Proteste ein vielbeschäftigter, niebezahlter Hobbygrafiker der Bürgerinitiativen und der Umweltbewegung. Auf vielen der alten Wyhl-, Fessenheim-, Waldsterben- und Dreyecklandplakaten findet sich irgendwo versteckt ein kleines Schneckensymol, das Zeichen, dass die Grafik von Hubert Hoffmann stammt. Von ihm kam die Idee des ersten NAI-Plakats und ich erinnere mich noch, wie schwierig es für mich war, die erste Ablehnung in den BI's für das Motiv zu überwinden und endlich in Druck zu gehen. Es war damals nicht anders als heute: Ein Plakatmotiv, drei Leute, vier Meinungen und viel Kritik ... Später wurde das anfänglich umstrittene und teilweise sogar abgelehnte Motiv zu dem Symbol des erfolgreichen Widerstands gegen das Atomkraftwerk Wyhl und heute ziert es im Wyhler Wald den Gedenkstein der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen. Ich selber habe vor über 40 Jahren das Plakat vielhundertfach an Kaiserstühler Hoftore getackert.

Das Motiv "NAI HÄMMER GSAIT!" findet sich auch als "Widerstandskitsch",
beispielsweise auf kleinen Weingläsern, es wurde bei der Debatte um die Gefahrzeitverlängerung für AKW und nach dem GAU in Fukushima aber auch wieder politisch wichtig. "Atomausstieg jetzt" stand jetzt unter dem "Nai" auf 16.000 neuen BUND- und BI-Plakaten und auf vielen Aufklebern. Aus dem Fahnenmeer der gelben Anti-Atom-Sonnen leuchtet es als Fahne selbstbewusst-alemannisch bei den vielen Fukushima- und Fessenheim-Demos hervor (sogar bei einer Demo in Tokio) und Plakate und Fahnen hängen an vielen Balkonen am Oberrhein.


Fessene? Nai hämmer gsait!



Das vorletzte Motiv
stammt wieder aus der Zusammenarbeit von Hubert Hoffmann und Axel Mayer. Das "Nai hämmer gsait" steht jetzt etwas kleiner unter dem Plakat, das AKW-Motiv mit Kühlturm wurde durch ein Fessenheim-Foto ersetzt und oben am Plakat steht in großen Lettern "FESSENE?" So wurde trinational gemeinsam die Gefahrenquelle am Rhein angegangen.

Kleiner sind die NAI-Plakate geworden,
denn die Zeit der schönen, großen alten Holzhoftore ist vorbei. Es wird auch in den Städten immer schwieriger große Plakate aufzuhängen und so wurden die Plakate im Laufe der Jahre immer kleiner. Immer mehr tritt der Aufkleber oder der "Spucki" an Stelle des Plakats als Vermittler von politischen Botschaften.


Beznau Leibstadt: NÄI HÄMMER GSAIT
Ist es Ihnen aufgefallen? Aus dem badischen "NAI" wurde ein schweizerdeutsches "NÄI". Erst nach vielen Mails und einigen "interkulturellen Absprachen" (über die sich unsere hochdeutsch sprechende FÖJ-lerin krumm gelacht hat) wurden das Plakat und der Aufkleber grenzüberschreitend gemeinsam erstellt.


Ein Plakat muss plakativ sein
und die Aussage auf ein zentrales Motiv beschränken, alles andere wäre ein plakatives Flugblatt. Doch hinter dem gemeinsamen "NAI" der Menschen am Oberrhein zu den Todestechnologien stand immer auch ein vielstimmiges "JA". Da war das erst verlachte, bekämpfte und später viel kopierte "JA" zu den nachhaltigen, zukunftsfähigen alternativen Energien bei den Sonnentagen in Sasbach. Und dann natürlich der mühsam erkämpfte Traum, das "JA" zu einem grenzenlosen Europa der Menschen, nicht nur am Oberrhein, ausgedrückt im alten Lied unseres elsässischen Mitstreiters François Brumbt: "Mir keije mol d Gränze über de Hüfe und danze drum erum". Im heutigen Europa der ökonomisch-ökologischen Krisen und der Habgier ist die erkämpfte Realität der offenen Grenzen durch Intoleranz und (noch) kleine Nationalismen wieder einmal massiv gefährdet und braucht erneut die Kräfte der Zivilgesellschaft ...

Hoffentlich
werden wir zumindest das "NAI" zur Atomkraft auch am Oberrhein in wenigen Jahren nicht mehr benötigen und die alten Plakate werden zu Sammlerstücken für die Museen.

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-)BUND-Geschäftsführer, ehemaliger Wyhl-Aktivist und "Plakatierer"



Ein lesenswerter Beitrag zum NAI-Plakat und zu Hubert Hoffmann in der Badischen Zeitung




Nai hämmer gsait: Das erste, elsässische Banner mit diesem Motiv bei der Bauplatzbesetzung in Marckolsheim 1974/75


Hier das erste Plakat von Hubert Hoffmann für die Badisch-Elsässischen-Bürgerinitiativen. Ich erinnere mich deutlich an die vielen anfangs sehr unterschiedlichen Meinungen in den Bürgerinitiativen zum Plakat. (Schrift zu groß / geht gar nicht ...) Viele Köche und Köchinnen verderben das Plakat ... Manchmal ist es gut einfach zu drucken.


Das Motiv, später als BUND-Plakat in der Zeit der von schwarz-gelb geplanten Laufzeitverlängerung für AKW.



"Nai hämmer gsait" als hundertfach gezeigte Fahne nach dem Atomunfall in Fukushima.


"Nai hämmer gsait" Das Motiv als kleines Din A1 Banner.



"Nai hämmer gsait" Das Motiv als Längs-Banner.


"Nai hämmer gsait" exotisch: Die Fahne bei einer Fukushima-Demo von Friends of the Earth Japan in Tokio


"Nai hämmer gsait"Fessenheim-Demo in Breisach


Der Begriff "Nai hämmer gsait" wird bei GOOGLE zwischenzeitlich über 3000-mal gefunden ...


Umweltgeschichte, Regionalgeschichte, Geschichte: Baden - Elsass - Nordschweiz - Oberrhein - Dreyeckland auf Mitwelt.org



2023 Lützerath - 1974-1975 Wyhl und Marckolsheim / Für Leben und Zukunft


Lützerath / Trotz alledem


Aufhalten konnten wir die Räumung nicht. Die atomar-fossilen Seilschaften und die Atom- und Klimakatastrophen-Verantwortlichen haben sich und uns in Lützerath wieder ein kleines Stück zu Tode gesiegt. Und dennoch war der gewaltfreie Kampf sinnvoll und notwendig. Er ist Sand im Getriebe der Weltzerstörung. Und ein Sandkorn kann ähnlich wie der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Sturm entfachen.
Axel Mayer



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Aktueller Einschub



Neue Mini-AKW, Merz, Söder, CDU, CSU, AfD und FDP


Warum drängen Merz, Söder, CDU, CSU, AfD und FDP in Deutschland gerade so heftig auf den Bau von neuen Mini-AKW und Flüssigsalzreaktoren? Weil umweltfreundlicher Strom aus Wind und Sonne zunehmend kostengünstiger ist, als Strom aus neuen, gefährlichen AKW! Gerade ist ein Projekt zum Bau von Mini-AKW in den USA krachend gescheitert.
Warum sollen wir auf gefährliche, teure Hochrisikotechnologien wie Mini-AKW und den Thorium Reaktor setzen, wenn wir kostengünstige, umweltfreundliche Alternativen haben?





Plakate:
Hier finden Sie die Plakate zum Thema Atomkraft, AKW, Fessenheim
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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


Getragen von der kleinen Hoffnung auf das vor uns liegende Zeitalter der Aufklärung (das nicht kommen wird wie die Morgenröte nach durchschlafner Nacht)



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