2027/1977 50 Jahre nach der Mastbesetzung in Heiteren gegen das AKW Fessenheim


Veröffentlicht am 13.01.2023 in der Kategorie Umweltgeschichte von Axel Mayer

2027/1977 50 Jahre nach der Mastbesetzung in Heiteren gegen das AKW Fessenheim


Ab dem 3o. März 1977 besetzten elsässische und badische Bürgerinnen und Bürger einen im Bau befind­lichen Strommast der Überlandleitung Fessenheim-Paris, durch die der Strom des AKW Fessenheim transportiert werden sollte.

Wenn heute an Atomprotest am Oberrhein erinnert wird, dann gilt dieses Erinnern zumeist dem erfolgreichen Fessenheim-Protest oder den durch Bauplatzbesetzungen verhinderten AKW in Wyhl und Kaiseraugst(CH). Die erfolgreichen Proteste gegen das französische AKW in Gerstheim bei Strasbourg, gegen die geplanten Hochrhein-AKW in Schwörstadt,Breisach am Kaiserstuhl und die Brennelemete-Fabrik in Heitersheim(D) sind aus der Erinnerung der Umweltbewegung verschwunden.

Während im Januar 1977 das AKW Fessenheim kurz vor der Inbetriebnahme stand und alle Welt gespannt den Wyhl Prozeß in Herbolzheim verfolgte, ließ die EDF (Electricite de France — französische Elektrizitätsmonopolgesellschaft) im Dezember 76 in Gerstheim bei Strasbourg einen siebzig Meter hohen Meßturm auf einem 180 Hektar großen Gelände, das als möglicher Standort für einen Nuklearpark mit Anreicherungsanlage vorgesehen war, errichten. Zum Bau des geplanten Zaunes um das Gelände kommt es nicht mehr. Die Bevölkerung der umliegenden Gemeinden organisiert sich blitzschnell, und 150 Umweltschützer besetzen am 26. Januar 1977 den Platz um den »Pylone« ; die Techniker der EDF ziehen nach einer längeren Diskussion frustriert ab. Vier Tage später demonstrieren schon 5 000 AKW-Gegner auf dem besetzten Bauplatz, auch viele rechtsrheinische Alemannen darunter.
Diese Besetzung in Gerstheim und der große Hungerstreik französischer Umweltschützer im April 1977 in Roggenhouse waren Gründe, auch noch einmal den Fessenheim-Protest in direkter Kraftwerksnähe zu aktivieren.


Heute ist die verzweifelte Mastbesetzung 1977 in Heiteren(F) weitgehend vergessen.


Heiteren ist vom AKW-Fessenheim nur 6 Kilometer entfernt. Auf dem besetzten Platz wurde nach Marckolsheimer und Wyhler Vorbild ab dem 3o. März ein Freundschafts­haus gebaut. Den ganzen Sommer 1977 über blieb der im Bau befindliche, unfertige Hochspannungs-Mast besetzt. Viele der damaligen Mastbesetzerinnen haben noch eine "schwere Mast-Schraube" zu Hause in der Schublade.
Die Mastbesetzung in Heiteren war ein wichtiger Teil des Fessenheim-Protestes und nicht nur eine Niederlage, denn mit ihr nahm die Arbeit von Radio Verte Fessenheim (heute Radio Dreyeckland) ihren Anfang. Am 4. Juni 1977 wurde zum ersten Mal vom besetzten Mast in Heiteren aus gesendet.



Einen guten, berührenden Einblick in die damalige Besetzung gibt das Heiteren Lied von Walter Mossmann auf youtube.

Bei einem Brandanschlag militanter AKW-Befürworter auf die gewaltfreien BesetzerInnen am 13. Juli 1977 wurde ein Umweltschützer schwer verletzt. Die Proteste in Marckolsheim, Wyhl, Gerstheim und Kaiseraugst waren von Hoffnung getragen. Heiteren war eher ein verzweifeltes Aufbäumen. Im Herbst 1977 räumt die französische Polizei das Gelände.
Ein winziges Stück hat der damalige Widerstand zum jahrzehntelangen Fessenheim-Protest und zur Abschaltung im Jahr 2020 beigetragen.

Die Mastbesetzung war auf den ersten Blick nicht erfolgreich
Doch diese frühen, verzweifelt-hoffnungsfrohen, grenzüberschreitenden, ökologischen Konflikte im Dreyeckland (Breisach, Wyhl, Schwörstadt, Marckolsheim, Kaiseraugst, Gerstheim, Heitersheim...) brachen erstmals mit der vorherrschenden Nachkriegslogik der Gier, des Wachstumszwangs und der Zerstörung. Sie waren auch in ihren Niederlagen erste Zeichen der Hoffnung mit Fernwirkung und haben die globalen Zerstörungsprozesse entschleunigt.

Axel Mayer, (Alt-) Mastbesetzer...



Mastbesetzung in Heiteren(F) gegen das AKW Fessenheim



Protest & Bauplatzbesetzung: Wyhl, Kaiseraugust, Marckolsheim, Gerstheim


"Wenn das AKW Wyhl nicht gebaut wird, gehen in Baden-Württemberg die Lichter aus", sagte Ministerpräsident und Marinestabsrichter a.D. Hans Filbinger 1975. „Wenn wir die letzten drei AKW abschalten, gehen in Deutschland die Lichter aus“, drohen die atomar-fossilen Seilschaften heute. Die Zeiten ändern sich, aber die perfekt organisierten und immer wirksamen Angstkampagnen bleiben.
Axel Mayer




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2023 Lützerath - 1974-1975 Wyhl und Marckolsheim / Für Leben und Zukunft


Lützerath / Trotz alledem


Aufhalten konnten wir die Räumung nicht. Die atomar-fossilen Seilschaften und die Atom- und Klimakatastrophen-Verantwortlichen haben sich und uns in Lützerath wieder ein kleines Stück zu Tode gesiegt. Und dennoch war der gewaltfreie Kampf sinnvoll und notwendig. Er ist Sand im Getriebe der Weltzerstörung. Und ein Sandkorn kann ähnlich wie der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Sturm entfachen.
Axel Mayer



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Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


Getragen von der kleinen Hoffnung auf das vor uns liegende Zeitalter der Aufklärung (das nicht kommen wird wie die Morgenröte nach durchschlafner Nacht)



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