AKW Wyhl: 45 Jahre nach der Bauplatzbesetzung / Ein Rückblick von Axel Mayer
Veröffentlicht am 02.03.2020 in der Kategorie Umweltgeschichte von Axel Mayer

AKW Wyhl: 45 Jahre nach der Bauplatzbesetzung / Ein Rückblick von Axel Mayer
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Ein Rückblick von Axel Mayer

Natürlich war ich damals in Wyhl dabei.
Für den jungen Lehrling im Emmendinger Vermessungsamt war es doch keine Frage, sich gegen die Bedrohung von Mensch, Natur und Heimat, gegen das Bleichemiewerk in Marckolsheim und später gegen das AKW in Wyhl zu engagieren. 1974 bin ich mit meiner Freundin Barbara auf der Vespa zur ersten Besetzung nach Marckolsheim gefahren. Hätten wir uns damals nicht mit so vielen Menschen engagiert, dann wären in den letzten 30 Jahren über 300 Tonnen Blei auf den Kaiserstuhl und das elsässische Ried herabgeregnet. Hätten wir uns später in Wyhl nicht gewehrt, dann stünde im Erdbebengebiet am Oberrhein ein weiteres, gefährliches AKW.

In Wyhl haben wir die weltweiten Zerstörungsprozesse verlangsamt.
30 Jahre nach Wyhl bleiben Erinnerungen und grenzüberschreitende Freundschaften. Es bleiben Erinnerungen an die besetzten Plätze in Wyhl, Marckolsheim, Gerstheim, Kaiseraugst (und später das Gencamp in Buggingen) ans Wyhler Freundschaftshaus, die Volkshochschule Wyhler Wald, an engagierte Frauen und Männer, an Kaiserstühler Winzer, Forchemer Büre und Freiburger Freaks, an Menschen und Gegensätze wie Lore Haag und Hans Filbinger, an den mühsam glücklichen Tag der zweiten Wyhler Besetzung, an die Blüte der alemannischen Regionalkultur, an die Überwindung der nationalen Grenzen und ein Stück gelebtes Europa, an mancherlei Gesichter, an Reden, Streit, Gespräche und Lieder. Die Vergangenheitsverklärung bricht Ecken und Kanten der Erinnerung.
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"Mir keije mol d´Gränze über de Hüfe un danze drum erum"
hieß es in einem unserer Lieder von François Brumbt. Der damaliger Traum von einem schlagbaumlosen Europa ist heute am Oberrhein Realität. In Wyhl und Marckolsheim haben wir 30 Jahre nach Kriegsende auch die alte "deutsch-französische Erbfeindschaft" überwunden. Und da war nicht nur das kämpferische "Nai hämmer gsait", sondern auch das Ja zu damals absolut neuen und exotischen Dingen wie Solar- und Windenergie bei den ersten Sonnentagen in Sasbach. Wer hätte die unglaublichen Entwicklungen im Bereich alternativer Energien damals für möglich gehalten? Und dennoch gibt es immer noch die Bedrohung durch das AKW Fessenheim, und das geplante atomare Endlager in Benken am Rheinfall bedroht die Menschen entlang des Rheins. Nicht nur wir haben aus Wyhl gelernt. Wenn in Zukunft neue Euroreaktoren nach Fessenheim gebaut werden sollen, wenn in Deutschland eine andere Regierung den "Ausstieg aus dem Atomausstieg" plant, dann werden wir uns mit geschickteren neuen Durchsetzungsstrategien auseinander zu setzen haben und wir werden uns wehren. Wyhl und Marckolsheim haben mein Leben verändert. Aus dem langhaarigen Vermessungstechnikerlehrling wurde der grau-und kurzhaarige Kreisrat und BUND-Geschäftsführer, der sich immer noch für Natur, Umwelt, Frieden, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit engagiert, der manchmal über den Hunger in der Welt, Kriege für Öl und die schleichende Zerstörung seiner Heimat am Oberrhein verzweifelt und dennoch immer noch Kraft aus Wyhl, den damaligen und manchen aktuellen Erfolgen zieht.
Auf den besetzten Bauplätzen habe ich meine Lebensbatterie geladen. Ob diese Batterie ein Leben lang hält, wird sich zeigen...
Axel Mayer
Protest & Bauplatzbesetzung: Wyhl, Kaiseraugust, Marckolsheim, Gerstheim
"Wenn das AKW Wyhl nicht gebaut wird, gehen in Baden-Württemberg die Lichter aus", sagte Ministerpräsident und Marinestabsrichter a.D. Hans Filbinger 1975. „Wenn wir die letzten drei AKW abschalten, gehen in Deutschland die Lichter aus“, drohen die atomar-fossilen Seilschaften heute. Die Zeiten ändern sich, aber die perfekt organisierten und immer wirksamen Angstkampagnen bleiben.
Axel Mayer
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Lützerath / Trotz alledem
Aufhalten konnten wir die Räumung nicht. Die atomar-fossilen Seilschaften und die Atom- und Klimakatastrophen-Verantwortlichen haben sich und uns in Lützerath wieder ein kleines Stück zu Tode gesiegt. Und dennoch war der gewaltfreie Kampf sinnvoll und notwendig. Er ist Sand im Getriebe der Weltzerstörung. Und ein Sandkorn kann ähnlich wie der Flügelschlag eines Schmetterlings einen Sturm entfachen.
Axel Mayer
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Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein
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