2024 / Transhumanismus & KI wird zu Trans(in)humanismus: Kritik & Ziele: Die Abschaffung des menschlichen Menschen?


Veröffentlicht am 12.03.2024 in der Kategorie Wachstumskritik von Axel Mayer

Transhumanismus, Trans(in)humanismus, KI & Kritik: Die Abschaffung des Menschen?


Aktueller Einschub:


"Technologie wird die Menschheit retten, künstliche Intelligenz jedes Problem lösen. Was klingt wie religiöser Wahn, greift in der Tech-Szene des Silicon Valley um sich. Die Hybris der neuen Sektenführer ist gefährlich."
schreibt die Süddeutsche Zeitung am 12.11.2023

Transhumanismus & KI: Die neue zerstörerische Weltreligion der Wachstumsideologen, des Neoliberalismus und der Umweltzerstörung

Transhumanismus bedeutet „Jenseits des Menschlichen„, es geht um die Erschaffung eines "Über-Menschen“. Den Menschen verbessern und optimieren" ist ein uralter Menschheitstraum. Die "Schaffung des neuen Menschen" führte in der Geschichte immer wieder zu Katastrophen und auch nach Auschwitz.

Es ist die Idee mit Hilfe von Technikoptimismus, libertärem und neoliberalem Denken, Gentechnik, Nanotechnologie, Eugenik und künstlicher Intelligenz den „alten Menschen“ abschaffen und einen „neuen Menschen“ schaffen. Mit Gehirnimplantaten und Gendoping soll der Mensch "optimiert" werden. Das Klonen von Primaten und die Möglichkeit, aus geklonten Embryonen Stammzellen zu gewinnen, bringt die Transhumanisten ihrem gefährlichen Traum vom ewigen Leben einen großen Schritt näher. Transhumanismus ist eine Krypto-Religion und Eliten-Ideologie. Die Anhänger im Silicon Valley hoffen aber auch, mit den Ideen bald richtig viel Geld zu verdienen.

"Beim Transhumanismus geht es darum, dass Mensch und Maschine miteinander verschmelzen", sagt Christopher Coenen, Wissenschaftler am Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse des Karlsruher Instituts für Technologie, im STANDARD-Gespräch. Endziel sei, den menschlichen Körper komplett zu überwinden: etwa indem immer mehr Teile des Körpers durch Maschinen ersetzt und eines Tages auch das Gehirn auf einen Computer hochgeladen wird. "Transhumanisten wollen damit letztlich die Unsterblichkeit und die Gottwerdung des Menschen erreichen", sagt Coenen."
Quelle: Der Standard vom 1. Oktober 2022


Bereits jetzt kann die von Transhumanisten viel gelobte künstliche Intelligenzen vieles, was auch Menschen können. Doch was, wenn das "Ziel aller menschlichen Forschung" erreicht ist? Wenn die "generelle Künstliche Intelligenz keine Menschen mehr braucht, um Neues zu erlernen, sondern selbst alles verstehen und sich alles beibringen kann. Dann könnte der Mensch überflüssig werden.

Immer mehr Menschen verstehen sich selbst als Teil der transhumanistischen Bewegung, die den Menschen von seinen biologischen Schranken befreien will. Ich-schwache Menschen setzen auf die kommende technologische Singularität, den Zeitpunkt, an dem künstliche Intelligenz die menschliche Intelligenz übertrifft. Von diesem Zeitpunkt wird die weitere Entwicklung hauptsächlich von der KI vorangetrieben und nicht mehr vom Menschen.

Der Transhumanismus ist selbstverständlich keine weltweite Verschwörung, die die Menschheit vernichten will. Der Kampfbegriff Verschwörungstheorie wird allerdings gerade von neoliberalen Medien gerne genutzt, um eine kritische Debatte zu verhindern oder zu diskreditieren.

Für den Transhumanismus kämpfen insbesondere die Lobbyisten, die politisch die Hauptverantwortung für den Klimawandel, Ressourcenverschwendung und die Artenausrottung tragen. Je offensichtlicher es wird, dass wir den großen, globalen Wachstums-Krieg gegen die Natur gerade krachend verlieren, desto stärker setzten sie auf den Mythos der neuen Wunderwaffen, auf ein unkritisches weiter so mit exponentiellem Wachstum, Rohstoffverschwendung, Atomkraft und selbstverständlich ohne Tempolimit. Und eine dieser scheinbaren Wunderwaffen ist der Transhumanismus.

Er wird zunehmend zur neuen, gefährlichen, technikbesoffenen Weltreligion der Umweltzerstörung und des Neoliberalismus. Die Umweltbewegung und die sozialen Bewegungen sollten sich endlich intensiver mit dieser zutiefst inhumanen Ideologie auseinandersetzen, sich dabei aber auch von rechten Verschwörungstheorien abgrenzen.
Wir haben die Technik für einen nachhaltigen, menschengerechten Fortschritt. Wir sollten sie klug nutzen.

Axel Mayer, (Alt-)BUND-Geschäftsführer, Kreisrat, Mitwelt Stiftung Oberrhein



Aktuelle Kritik am Transhumanismus:





Transhumanismus, künstliche Intelligenz & Westliche Werte



"Die Mystifizierung von elektronischen Schaltkreisen hat zum einen handfeste ökonomische Gründe. Um milliardenschwere Forschungsgelder und Subventionen sowie öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, werden die Möglichkeiten von Rechenmaschinen maßlos übertrieben. Doch die Computermythologie reicht noch wesentlich tiefer, bis in die metaphysischen Fundamente der modernen Megamaschine. Einige federführende Akteure des Silicon Valley, darunter Googles Chefentwickler Ray Kurzweil, träumen seit Jahrzehnten davon, den biologischen Menschen abzuschaffen und sein Bewusstsein in ein Netz von Daten „upzuloaden“. Dieser „Transhumanismus“ ist weit verbreitet unter den Entwicklern künstlicher Intelligenz. Viele von ihnen erwarten sehnsüchtig in den nächsten Jahrzehnten die sogenannte Singularität: den Moment, wenn die Rechenleistungen von Computern die Denkleistungen von Menschen überschreiten sollen und die Automaten den körperlichen Menschen überflüssig machen. In dieser Vision verbinden sich die Geschäftsinteressen des Silicon Valley mit einer radikalen mechanistischen Ideologie: der Vorstellung, dass Lebewesen letztlich nur algorithmische Maschinen seien.

Das Warten auf den Moment, da der Mensch endlich als körperliches und fühlendes Wesen ausgelöscht werden kann, ist symptomatisch für eine technokratische Männerwelt, die von ihrer eigenen Innenwelt so weit abgespalten ist, dass sie Denken, Fühlen und Wahrnehmen von Rechnen – das Einzige, was Rechner können – nicht mehr unterscheiden kann. Es ist der Endpunkt einer Unterwerfung des Menschen unter die Maschinenlogik. Der Versuch, Menschen in einen Datensatz zu verwandeln, ist Teil einer Kultur des Todes, die alles, was Leben ausmacht – Spontaneität, fühlendes Erleben, Selbstorganisation und Kreativität –, durch Abstraktion und Berechnung ersetzt. Ihr Fluchtpunkt ist ein wüstenartiger Planet, auf dem einsam im dunklen Weltall ein blinkender Riesenrechner steht, der anzeigt, wie viel Geld er gerade verdient."


Quelle: "Die große Trennung" Die Geburt der technokratischen Weltsicht und die planetarische Krise von Fabian Scheidler
Der Beitrag in den Blättern basiert auf „Der Stoff, aus dem wir sind. Warum wir Natur und Gesellschaft neu denken müssen“, dem jüngsten Buch von Fabian Scheidler, das im Piper Verlag erschienen ist.


Ein Gespenst geht um, nicht nur in Europa – das Gespenst des Transhumanismus.


Seine Priester und Auguren haben bereits prominente Forschungslaboratorien, Universitäten, globale Unternehmen und politische Institutionen besetzt.

Transhumanismus betrachtet den Menschen mit negativer Skepsis, kombiniert mit einer techno-wissenschaftlichen Vision, wie er verbessert werden könne. Er lässt sich am blinden Vertrauen in wissenschaftliche Heilsversprechen erkennen und an einer empathielosen Verachtung derjenigen Eigenschaften, die uns als Menschen auszeichnen: unserer Verwundbarkeit, unserer Sterblichkeit, unseres Empfindungsvermögens, unserer Selbstwahrnehmung und unseres Bewusstseins, leibhaftige Personen (und nicht Objekte) zu sein.

Transhumanisten verwechseln Emotionalität mit Irrationalität, ruhende Potenziale mit Beschränktheit und Gebrechlichkeit mit Entsorgbarkeit. Im Gefolge dieser Verwechslung propagieren und forcieren sie rücksichtslos die Heraufkunft einer neuen, vermeintlich schöneren Welt: einer Welt allgegenwärtiger Vernetzung, genetischer und nanotechnologischer Perfektionierung und computergenerierter Kommunikation, in der fehlbare Individuen manipuliert und optimiert werden mithilfe einer vermeintlich kontrollierbaren, ethisch kalibrierten, robotergesteuerten Maschinerie, von der man sich den nächsten Emergenzsprung in der Evolutionsgeschichte verspricht.
Auszug aus einem klugen Kommentar der NZZ





Der Wunsch nach Selbstauslöschung



Der Philosoph Günther Anders schrieb bereits in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts unter dem Eindruck von Hiroshima und Auschwitz in der „Antiquiertheit des Menschen“ von einer „prometheischen Scham“. Diese sei der Anlass, den im Vergleich zu Maschinen imperfekten menschlichen Körper gezielten Veränderungs- und Optimierungsmaßnahmen zu unterwerfen. Anders vermutete „nicht mehr verwendbare Energie-Reste puritanischen Leibhasses“ hinter diesem Verhalten.13
Aber mit einem Leibhass hat man es beim Transhumanismus nicht zu tun. Der Hass richtet sich vielmehr auf die menschliche Gattung als solche. Im Transhumanismus kommt der phantasmatische Wunsch nach Selbstauslöschung zum Ausdruck. Die menschliche Gattung soll zugunsten einer von ihr geschaffenen neuen Intelligenz, einer neuen Spezies abdanken. Dass Kurzweil das Klonen von Menschen befürwortet, darf in diesem Zusammenhang nicht weiter verwundern.
Im Transhumanismus werden Natur und Mensch als Maschine, als Computer oder als Programm konstruiert, um beides um so effizienter ausbeuten und unterwerfen zu können. Der Wunsch nach künstlicher Intelligenz, das Phantasma des Verschmelzens mit der Maschine, um durch Technologie den Tod zugunsten der Unsterblichkeit zu überwinden, ist Ausdruck einer tiefsitzenden „Verachtung für das Leben“.14 Die unmittelbare Verschmelzung des Menschen mit Informationstechnologien - wie bei Google Glass - offenbart den nekrophilen Kern einer sterilen Unkultur. Denn Informationen und Computer sind das Leblose, das Tote schlechthin. Das besinnungs- und geistlose Erzeugen solcher und anderer, immer neuer „Innovationen“ darf nicht mit schöpferischer Kraft, Phantasie oder gar Intelligenz verwechselt werden.

Auszug aus Der Google-Mensch
von Markus Jansen





Transhumanismus: Die neue Weltreligion des Neoliberalismus und der Umweltzerstörung





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Die weltweit bedeutendste undverheerendste Verschwörungstheorie ist der giergetriebene, unwissenschaftliche Mythos vom unbegrenzten Wachstum im begrenzten System Erde.
Axel Mayer



Wachstum, Fortschritt & Kritik