Bruttoinlandsprodukt Deutschland: Anzahl der Dinge, Umwelt, Klima & Wachstumskritik


Veröffentlicht am 29.05.2023 von Axel Mayer

Bruttoinlandsprodukt Deutschland: Umwelt, Klima, Wachstum & Wachstumskritik



Wie viel Prozent Wachstum des Bruttoinlandsprodukts
hätten Sie denn gerne? Fragen Sie einen Politiker von CDU/CSU/FDP/AfD & SPD und Sie werden vermutlich keinen finden, der nicht ein langfristiges Wachstum von mehr als 3 % anstrebt. Selbst die GRÜNEN sind teilweise vom Wachstumsglauben befallen, nennen es dann aber zumeist "grünes" Wachstum. Mindestens 3 % Wirtschaftswachstum seien dauerhaft nötig, um die Arbeitslosenzahlen niedrig zu halten.

Doch hinter solchen Aussagen,
Wahlkampfparolen, Wirtschaftsinteressen, Wünschen und Problemlösungsansätzen stehen unhinterfragte Mythen und der alte, zerstörerische Irrglaube, unbegrenztes Wachstum im begrenzten System Erde sei dauerhaft möglich.

Bei einem anhaltenden Wachstum


von 3 % verdoppelt sich das Bruttoinlandsprodukt alle 23 Jahre, bei 5 % sogar bereits alle 14 Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes exponentielles Wachstum einer Wirtschaft ist nicht möglich und führt zwangsläufig zur Selbstzerstörung.


Vor 100 Jahren kam ein durchschnittlicher Haushalt mit rund 180 Gegenständen aus. Inzwischen horten die Deutschen laut dem Statistischem Bundesamt im Schnitt rund 10.000 Dinge pro Kopf in ihren vier Wänden, in den USA sind es dreimal so viel. Sind die Menschen in den letzten 100 Jahren glücklicher und zufriedener geworden? Sind dieMenschen in den USA dreimal glücklicher als wir?


50 Jahre Umwelt-Protest am Oberrhein & 50 Jahre Wachstum: Erfolg oder Niederlage?


Mit den erfolgreichen AKW-Bauplatzbesetzungen in Wyhl, Kaiseraugst und Gerstheim und der Verhinderung des extrem luftverschmutzenden Bleiwerks in Marckolsheim, mit den Kämpfen für eine saubere Wutach in Neustadt und für einen reinen Rhein in Kunheim und mit Demos und Aktionen gegen das Waldsterben 1.0 begann auch am Oberrhein der Niedergang der "guten, alten, offenen, sichtbaren Umweltverschmutzung". Luft- und Wasserreinigungsanlagen wurden gebaut, Kraftwerke entstickt und entschwefelt, Autos bekamen Katalysatoren, DDT und Asbest wurden verboten und die zukunftsfähigen Energien begannen ihren langsamen Aufschwung. Also eine Erfolgsgeschichte!?

Es stellen sich die Fragen,
warum sich seit diesen frühen Kämpfen die regionale und globale Artenausrottung und der Klimawandel beschleunigt haben, warum die Meere vermüllen und die diffusen Belastungen zunehmen? Das hat schlicht mit der oben stehenden Grafik, mit der Explosion des deutschen und des globalen Bruttoinlandsproduktes zu tun. 1975, zur Zeit der Wyhler Bauplatzbesetzung, lag das deutsche Bruttoinlandsprodukt bei 552 Mrd. Euro. Im Jahr 2021 hat es schon 3564 Mrd. Euro erreicht. Die Produktionsprozesse wurden sauberer und die schmutzigen Fabriken ins Ausland verlagert. Das scheinbar unbegrenzte Wachstum im begrenzten System Deutschland brachte mehr Konsum, Handys, Plastik, Müll, Autos, PS, SUVs, Rüstung, Flüge, Wohnraum, Agrargifte wie Neonicotinoide, Agrarfabriken, Urlaubsfabriken, Flächenverbrauch, Straßenbau, gigantische Bildschirme, Regenwaldvernichtung für deutschen Konsum, energiefressende Bitcoins, Rohstoffverschendung, Artensterben, CO₂, Klimakatastrophe und mehr soziale Ungleichheit...
Die frühen Erfolge gegen die "gute, alten, offene, sichtbare Umweltverschmutzung"
werden schlicht vom unbegrenzten Wuchern des Kleinen aufgefressen und dieses Wachstum bringt der Mehrzahl der Menschen nicht einmal mehr Glück und Zufriedenheit.

Die frühen Kämpfe waren schwierig und mühsam und dennoch einfach,
denn die Vergiftungen und Belastungen waren zumeist sichtbar, messbar und erkennbar. Heutige Kämpfe gegen das unbegrenzte Wachstum, gegen das explosionsartige Wuchern des Kleinen und gegen die weltweite Verbreitung des zutiefst zerstörerischen "American Way of Live" sind schwieriger. Dennoch können wir aus den frühen Erfolgen Hoffnung und Kraft schöpfen. Unsere Aufgaben und Herausforderungen sind mit dem BIP gewachsen!

Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein

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