Fessenheim "Ehrung": Jean-Jacques Rettig & Axel Mayer


Veröffentlicht am 03.07.2020

Fessenheim "Ehrung": Jean-Jacques Rettig und Axel Mayer



Vorab:


Am 22.2.2020 & am 29.6.2020 wurden die maroden Reaktoren im AKW Fessenheim endlich abgeschaltet.
Ein großer Erfolg für die trinationale Umweltbewegung am Oberrhein. Die französische Betreiberfirma EDF steht am Rande eines Bankrotts und die massiv gefallenen EDF-Aktien zeigen, wie die Märkte den Atomkonzern bewerten. Strom aus Wind und Sonne ist kostengünstiger als Strom aus neuen AKW. Um so wütender bekämpfen marktradikale Pro-Atom Lobbyisten die Umweltbewegung im Internet.

*Ein Interview & Blog zur Abschaltung auf der Homepage der EWS


Am Freitag, 3. Juli 2020 gab es in Colmar eine Veranstaltung der französischen Anti-Atom-Bewegung.
Jean-Jacques Rettig & ich wurden "geehrt" und ich habe eine Rede halten.

Liebe Freundinnen und Freunde!

Ich möchte mich bei Euch für diese Ehrung bedanken.

Was ist eine Ehrung, was ist eine Ehre?
Ist das etwas Festes, Greifbares, Materielles?

Ich habe etwas mitgebracht. Eine Säge.

Warum braucht man bei einer Ehrung eine Säge?

Ich würde die Ehre (ein schwieriger Begriff) gerne zersägen.

Meine Ehrung sollte in 100.000 Teile zersägt werden, denn über 100.000 Menschen haben in den letzten 50 Jahren für die Abschaltung von Fessenheim gekämpft.

Stellvertretend für die 100.000 möchte ich einige Personen nennen.

Ich denke an die verstorbene Annemarie Sacherer vom Kaiserstuhl und an Thomas Passaglia aus der Schweiz.

Ich denke an Solange Fernex: Wie lange und wie tapfer hat unsere verstorbene Solange für das Leben gekämpft? Und wie weit ist sie mit ihren Mitstreitern beim großen Hungerstreik in Roggehouse gegangen?

Ich denke auch an die vielen, vielen Lebenden,
z. Bsp. an Marie-Reine Haug: Marie-Reine war eigentlich bei allen Fessenheim-Aktionen dabei. Sie hat keine großen Reden gehalten. Aber sie hat immer etwas gearbeitet, etwas organisiert. Sie gehört geehrt.

Der Widerstand gegen Fessenheim besteht aus 100.000 gleich wichtigen Mitstreitern und Mitstreiterinnen. Jede und jeder war am ihrer Stelle wichtig.

Unser Widerstand war und ist wie ein Klavier, wie ein Klavier mit 100.000 Tasten, ein selbstspielendes Klavier ohne Klavierspieler.

Da gab es nicht nur die Rettig-, Hatz-, Fernex-, Mayer-, Rechsteiner, BUND- und Sortir du Nucléaire-Klaviertaste.

Da gab und gibt es die Alsace Nature-, die TRAS- und die Greenpeace-Taste. Und 100.000 kreative Einzelmenschen-Klaviertasten.

Wichtig sind nicht wir beiden Geehrten, wichtig war, dass eine gemeinsame Widerstandsmelodie gespielt wurde.

Was war unser Erfolgsrezept in mühsamen 45 Jahren?

Wir waren immer auch aktiv für alternative, zukunftsfähige, menschenfreundliche Energien.
Wir waren zusammen kreativ, unberechenbar, engagiert und konstruktiv.
Wir waren erstaunlich und erfreulich gewaltfrei und haben vom Larzac-Protest gelernt.

Und wir haben über die Grenzen hinweg zusammengearbeitet. Elsass, Schweiz, Baden.

Wir sind Europa, das Europa der Menschen.

Europa!
Wir waren nicht nur gegen eine atomare Großgefahr für alle Menschen in allen 3 Ländern.
Und wir waren und sind Europa! Das Europa der Menschen, nicht das Europa der Konzerne.

Immer wieder wurden in allen drei Ländern die kleinen Nationalismen geschickt genutzt um uns gegeneinander auszuspielen.
Das AKW war ein Beispiel für Konzernzusammenarbeit.
Wir sind das Beispiel für die trinationale Zusammenarbeit der Menschen.

Meine Großmutter kommt aus Guebwiller und hat im Krieg mehrfach die Nationalität gewechselt.
Guebwiller am Fuß des Menschenfresserberges an dem mein Großvater gekämpft hat.

François Brumpt hat vor 45 Jahren gesungen: "Mir keije mol d Gränze über de Hüfe und danze drum erum".
Auch dafür, für das grenzenlose Europa der Menschen haben wir gekämpft, grenzüberschreitend gemeinsam und wir werden uns auch in Zukunft engagieren.

Ein tief verwurzelter trinational-alemannischer Heimatbegriff und kluges Weltbürgertum, das den bedrohten Erdkreis als gemeinsame Heimat betrachtet, können sich gut ergänzen.

Wir haben jetzt Grund zu Freude und Grund aufzuatmen, aber keinen Grund für Triumph.

Die Atomindustrie produziert gerade Strom, Gefahren, Schulden und grüne Farbe
Grüne Farbe für Greenwash von Atomkraftwerken

Es bleibt noch viel zu tun. In Fessenheim, Beznau, Leibstadt, Cattenom und anderswo.

Es gibt noch viel zu tun beim Atom- und Kohleausstieg und bei der Durchsetzung der massiv bekämpften alternativen Energien.

Wir Menschen führen einen großen Krieg gegen uns selber mit Atommüllproduktion, Klimawandel, Artenausrottung, Kriegsgefahr und Antibiotikaresistenzen.

Im großen, globalen Krieg des Menschen gegen die Natur haben wir in Fessenheim Zerstörungsprozesse verlangsamt und einen kleinen, wichtigen, regionalen Teilerfolg erzielt.

Das ist Grund für Freude und Erleichterung aber nicht für Triumph.

Das ist viel und das ist viel zu wenig.

Lasst uns Kraft schöpfen aus unseren Erfolgen.

Es lohnt, sich zu engagieren.

Mein Dank geht an Euch.

Mein Dank geht an die unzähligen badisch-elsässisch-schweizer Aktiven,

an Freundinnen und Freunde.

Dankscheen / All days for Future / Amitié franco suisse allemande

Axel Mayer, Vizepräsident TRAS, Mitwelt Stiftung Oberrhein, Kreisrat, (Alt-) BUND-Geschäftsführer



Fessenheim "Ehrung": Jean Jaques Rettig & Axel Mayer

Eine kleine Auswahl: Reden von Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein, (Alt-) BUND-Geschäftsführer, Kreisrat, Vizepräsident TRAS


Rede zum Klimastreik am für die Fridays for Future Demo in Staufen








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  • 3) Im Zweifel, gerade in Kriegszeiten, ist die -Allgemeine Erklärung der Menschenrechte- immer noch eine gute Quelle zur Orientierung.

Axel Mayer Mitwelt Stiftung Oberrhein
Mit Zorn und Zärtlichkeit auf Seiten von Mensch, Natur, Umwelt & Gerechtigkeit.


Getragen von der kleinen Hoffnung auf das vor uns liegende Zeitalter der Aufklärung (das nicht kommen wird wie die Morgenröte nach durchschlafner Nacht)



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