Massives Amphibiensterben, Froschsterben & Froschschenkel essen - Artensterben aktuell: Die Ursachen der Artenausrottung


Veröffentlicht am 16.12.2023 in der Kategorie Naturschutz von Axel Mayer

Amphibiensterben, Froschsterben, Artensterben, Froschschenkel essen: Die Ursachen der Artenausrottung


Die Erde beheimatet fast 9.000 Amphibienarten. Seit mehr als 100 Jahren leiden diese Tiere unter den Folgen von Abholzung, Landwirtschaft, Entwässerung von Feuchtgebieten, landwirtschaftlichen Chemikalien und Umweltverschmutzung. Laut der kürzlich aktualisierten Roten Liste der Internationalen Naturschutzorganisation International Union for the Conservation of Nature (IUCN) sind 40 Prozent aller Amphibienarten vom Aussterben bedroht.
"Das internationale Team um Jennifer Luedtke von der Amphibian Red List Authority kommt zu dem Schluss, dass sich der Zustand der Amphibien weiter verschlechtert. 40 Prozent der untersuchten Arten werden als bedroht eingestuft. Der Hauptgrund seien nicht mehr Krankheiten, etwa Pilzinfektionen der empfindlichen, atmenden Amphibienhaut, sondern vor allem der Klimawandel, durch den sich die Umweltbedingungen wandeln und Lebensräume schwinden. Aktuelle und prognostizierte Auswirkungen des Klimawandels sind schätzungsweise für 39 Prozent der Verschlechterungen des Zustands seit 2004 verantwortlich, 37 Prozent der Arten seien vom Lebensraumverlust betroffen."



Amphibien sind die am stärksten bedrohte Tierklasse der Welt. Gemäss dem Global Amphibian Assessment (GAA) sind in den vergangenen Jahrzehnten von den knapp 5920 bekannten Arten 34 sicher und mindestens 130 weitere Spezies vermutlich ausgestorben. Von den restlichen ist gut ein Drittel vom Aussterben bedroht. Rein zahlenmäßig gibt es gemäß dem GAA in Kolumbien (mit 209 Arten), Mexiko (198) und Ecuador (163) die meisten gefährdeten Arten. Die Bestände gehen aber weltweit zurück, und der Anteil der bedrohten Spezies dürfte sich künftig noch erhöhen, da die Populationen von 43 Prozent der Arten schrumpfen.

Neben der Zerstörung von Lebensräumen und dem Klimawandel ist der Chytridpilz eine der wichtigsten Ursachen für das globale Amphibiensterben. Spätestens seit den 1980er Jahren rafft dieser Erreger massenweise Frösche, Kröten und Molche dahin – zunächst nur in Lateinamerika und Australien, mittlerweile aber auf der ganzen Welt.
Die Verbreitung des Amphibienkillers scheint kaum aufzuhalten zu sein und jüngst hat der Erreger auch noch Schützenhilfe bekommen: Ein zweiter Pilz ist aufgetaucht, der nun vor allem in Europa heimische Arten bedroht. Die wild lebende Fauna des Planeten ist von der Ausrottung der Arten bedroht. Doch nirgendwo vollziehen wir diese so schnell wie bei den Amphibien – Tiere, die an Land leben, die aber zum Fortpflanzen Gewässer brauchen. Herpetologen fürchten nicht um einzelne Spezies, sie fürchten um die Tierklasse als Ganzes.

Amphibiensterben in Baden-Württemberg
An den rund 900 Stellen in Baden-Württemberg, an denen im Frühjahr 2021 an Fangzäunen und Straßenröhren die Wanderung von Fröschen, Kröten und Molchen beobachtet werden, sind jetzt so wenige Tiere gezählt worden wie noch nie. Der Rückgang liegt im Landesschnitt bei 50 Prozent, an einigen Stellen beträgt er bis zu 90 Prozent. Die aktuelle Debatte um das globale und regionale Amphibiensterben und seine Ursachen führt an einer Stelle in die Irre. Wir diskutieren das große Sterben als ein Phänomen der letzten Jahrzehnte. Doch das Sterben hat mit DDT, E 605 und anderen brutalen Agrargiften und dem daraus folgenden Insekten- und Artenschwund schon viel früher begonnen. Das aktuelle Amphibiensterben ist "nur" die Ausrottung des verbliebenen Rests. Das gilt nicht nur für die Amphibien, sondern auch für das eng damit verbundenen Sterben der Insekten und für das große globale Artensterben.

Artentod per Airline: Im Jahr 2000 wird der Chytridpilz BD auf der Haut von Dendrobaten nachgewiesen, die als Terrarientiere nach Deutschland importiert worden sind. Das Monitoring von wild lebenden Populationen bringt zunächst Entwarnung: Nur bei der Geburtshelferkröte gehen die Populationen zurück, die meisten anderen heimischen Arten scheinen mehr oder weniger resistent.
Umso größer ist der Schrecken im Jahr 2010, berichtet der Trierer Forscher Stefan Lötters: Im niederländischen Süd-Limburg, wo im Dreiländereck Niederlande-Deutschland-Belgien eine große Feuersalamander-Population heimisch ist, werden massenhaft tote Tiere gefunden. „Ja, man wusste natürlich erst mal gar nicht, worum es da geht und was passiert. Aber die Forscher von der Universität Gent, die haben dann BSAL halt identifiziert beziehungsweise entdeckt. Also als neuer Chytridpilz, der auf Amphibien lebt.“

Drei Jahre später sind 96 Prozent der niederländischen Feuersalamanderpopulation verendet. Der neu entdeckte Chytridpilz scheint sich regelrecht in die Haut der Tiere hineinzufressen. Er hinterlässt tiefe Läsionen, die Einfallstore für weitere Bakterien und Krankheitserreger bilden. „Batrachochytrium salamandrivorans“, kurz: BSAL, bekommt den Beinamen: „Salamanderfresser“.

Quelle: Deutschlandfunk vom 18.04.2022



Froschschenkel essen?
Es gibt im Bereich "Tierschutz / Artenschutz" Themen, die in der Öffentlichkeit nur noch ein müdes Gähnen auslösen. "Froschschenkel essen?" Das war doch einmal ein Thema in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, meinen viele und liegen mit dieser Meinung ziemlich falsch.
Geben Sie einmal bei einer Suchmaschine die Begriffe "Froschschenkel kaufen""Froschschenkel Rezept" oder "Froschschenkel bestellen" ein und Sie werden feststellen, wie aktuell dieses wichtige Tier- und Artenschutzthema auch heute noch ist.
Es ist erschreckend, an wie vielen Stellen auch in Deutschland zwischenzeitlich wieder Froschschenkel verkauft und in Lokalen zubereitet und gegessen werden. Während viele Artenschützer bei den jährlichen Amphibienwanderungen Frösche und Kröten retten, werden diese nebenan im Restaurant verzehrt. Mit klugen Beiträgen auf Bewertungsplattformen für Restaurants kannst Du gegen den zunehmenden Froschschenkelverzehr angehen.


Amphibiensterben, Malaria und Menschensterben
In manchen Ländern des globalen Südens hat die Ausrottung der Amphibien auch massive Auswirkungen auf das Leben und Sterben der Menschen berichtet die Süddeutsche Zeitung. "Dutzende Frosch-, Salamander- und andere Amphibienarten verschwanden in den 1980er bis 2000er-Jahren in Teilen Lateinamerikas. Der Rückgang dieser Arten stört nicht nur das ökologische Gleichgewicht empfindlich, sondern hat einer neuen Studie zufolge auch direkte gesundheitliche Folgen für die Menschen in den Regionen: Wie ein Forschungsteam um Michael Springborn von der University of California in Davis in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters berichtet, führte das Amphibiensterben in Costa Rica und Panama zu einem sprunghaften Anstieg der Malariafälle."



Die Ursachen für das große globale und regionale Artensterben und Amphibiensterben
und für den Klimawandel sind vielfältig und doch lassen sie sich zu einem Bild zusammenfügen. Wir leben in einer Zeit der global organisierten Gier und einer Endzeit exponentiellen wirtschaftlichen Wachstums im begrenzten System Erde und verwandeln die vielfältige Welt in eine große einheitliche Fabrik. In eine Agrar-Fabrik, eine Fabrik-Fabrik, eine Konsum-Fabrik und eine Wohn-Fabrik, in der zunehmend übersättigte Menschen immer unzufriedener werden. Wir zerstören die Erde für dummen Überkonsum und der Rest der Welt will genauso verschwenderisch leben wie wir. Die meisten der angebotenen Problemlösungsansätze von Politik und Medien sind "putzig" angesichts der Dimension der Probleme.

Fünfmal gab es in den vergangenen 540 Millionen Jahren gewaltige Artensterben, zeigen Fossilienfunde. Forscher sehen eine aktuelle, menschengemachte, sechste Welle in vollem Gange. Allein seit dem Jahr 1500 seien mehr als 320 terrestrische Wirbeltiere ausgestorben, die Bestände der verbliebenen seien im Schnitt um ein Viertel geschrumpft, schreiben Wissenschaftler um Rodolfo Dirzo von der Stanford University in "Science". Nach einem Bericht der Vereinten Nationen zur Artenvielfalt sterben bis zu 130 Tier- und Pflanzenarten täglich aus.
Der Mensch im Anthropozän hat auf die Artenvielfalt also langfristig eine „ähnlich verheerende“ Wirkung wie der große Meteor-Einschlag vor 65 Millionen Jahren.

Das menschengemachte Artensterben ist kein „aktuelles Phänomen“.
Mindestens 200 große Säugetiere verschwanden in den vergangenen 135.000 Jahren. Eine Analyse zeigt: Schuld am Aussterben war meist der Mensch - nicht das Klima. Das Aussterben der meisten großen Säugetierarten der vergangenen 135.000 Jahre geht auf das Konto des Menschen. Diese erschreckende Bilanz zogen dänische Forscher um Christopher Sandom von der Universität Aarhus in den "Proceedings B" der britischen Royal Society. Und Artensterben war und ist immer auch Artenausrottung.


Axel Mayer, Mitwelt Stiftung Oberrhein



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