2024 / Christian Streich, Trainer, Dialekt und das fehlende badisch-alemannische Selbstvertrauen


Veröffentlicht am 18.06.2024 von Axel Mayer

Christian Streich, Trainer, Dialekt und das fehlende badisch-alemannische Selbstvertrauen …


Aktueller Einschub zur aktuellen Christian Streich-Kleinanzeige in der BZ:
Salli Axel,
i find s scheen, ass dr dr Christian do no emol extra ehrsch. Er isch wirkli e sauguete Trainer gsi un er isch au e Mensch, wu mit siine Kommentar uf alemannisch gschätzt gsi isch. Mr mueß also kei Angscht ha, ass ebber ein nit ernscht nimmt, wel mr alemannisch redet. Un wenn s einer emol nit verstoht, was grad bi spezielle Begriff vorkunnt, drno ka mr s jo all no erkläre oder "iwersetze". Mii Erfahrig isch, ass d Lit, grad wenn si üs unserem Sprochraum kumme, e Fraid hän, wemmer au gschäftlig mit ene eso redet wie eim un wie ihne dr Schnawel gwachse isch. - Bi uns ka mr au alemannisch rede - des giltet immer noch. Au wenn d Welt all meh sinnlos verenglischt wird. Nomol merci fir dii Isatz.
E liewe Grueß
Eberhard Flamm


Christian Streich hat sich entschieden: Nach 29 Jahren beendet er seine Karriere als Trainer des SC Freiburg. Er hört jetzt zum Ende der laufenden Bundesliga-Saison auf.

Manchmal schaue ich bewundernd auf das alemannische Selbstvertrauen der Menschen in der Nordschweiz, wo es einfach selbstverständlich ist, Dialekt zu sprechen. Auch viele Bayern legen ihren Dialekt nicht an der Landesgrenze ab.
Ich erinnere mich auch gerne an Elsässisch, Schweizerdeutsch und Badisch als Umgangssprachen vor 50 Jahren auf den besetzten Bauplätzen in Marckolsheim(F), Wyhl(D), Gerstheim(F) und Kaiseraugst(CH) und an die Blüte und leider gleichzeitigen Schwanengesang der elsässischen Sprache und Regionalkultur in dieser Zeit.

In Südbaden, aber gerade auch im Elsass ist der alemannische Dialekt zwischenzeitlich (wenn überhaupt) zumeist noch eine Sprache für das Private, die Familie und eine kleine, erfreulich aktive kulturelle Blase. Im öffentlichen Raum hat das unpersönliche »Hallo« schon lange das »Salli« und das »Daag« abgelöst. Es fehlt auch Vorbildern, an selbstbewussten Menschen, die im öffentlichen Raum Dialekt sprechen.

Eine der wenigen positiven Ausnahmen ist der gerade so erfolgreiche Trainer des SC Freiburg, Christian Streich.
"Meine Mundart ermögliche es mir, mich auf den Inhalt zu besinnen. Es ist kein Mittel der Selbstvermarktung, sondern der praktischste und ehrlichste Weg, mich verständlich zu machen. So weiß man, wo ich herkomme und wo meine Heimat ist – und trotzdem versteht mich jeder.“ sagte der badisch sprechende Christian Streich im Spiegel Interview.

Streichs Äußerungen, gerade auch zu politischen Fragen, zeigen einen differenzierten, weltoffenen Dialektsprecher. Sein Dialekt steht für eine bunte, kluge, kulturelle Vielfalt.
Er ist ein freundlicher, selbstbewusster Botschafter des Dialekts, ein bunter Farbtupfer in der genormten, zunehmenden Monotonie der „Hochsprache“ im öffentlichen Raum. Wenn wir heute von bedrohter Vielfalt reden, dann denken wir zumeist an die150 Arten, die täglich weltweit ausgerottet werden.

Doch es gibt auch eine linguistische Rote Liste. Mehr als die Hälfte aller weltweit gesprochenen Sprachen drohen in naher Zukunft zu verschwinden – und damit ein wertvoller Teil unseres kulturellen Gedächtnisses. Allein 600 dieser insgesamt rund 3.660 gefährdeten Sprachen könnten sogar schon in wenigen Jahren vollständig ausgestorben sein. Mit jeder Sprache stirbt auch ein Stück Kultur und Geschichte.

Die vomWachstumszwang beschleunigte Megamaschine frisst Natur, Arten, Sprachen, Vielfalt und bedroht mit dem Klimawandel auch die Menschheit. Wir brauchen global und regional mehr bunte, weltoffene Vielfalt, statt monokultureller Einfalt in der Weltfabrik.

Axel Mayer


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