Vogelschlag: Vögel, Glas, Scheiben & Fenster: Was tun?


Veröffentlicht am 11.12.2022 in der Kategorie Natur & Naturschutz von Axel Mayer

Vögel, Glas, Fenster & Vogelschlag: Was tun?


Die moderne Architektur wird immer mehr von Glas geprägt. Vielstöckige Bürogebäude und Panoramascheiben sind für viele nicht nur Zeichen des »Fortschritts und des Komforts«, sondern leider auch immer wieder eine Falle für fliegende Vögel. An Glas­scheiben sterben europaweit nach Schätzungen ca. 240.000 Vögel pro Tag, im Jahr wären das knapp 90 Mio. Tiere«, schreibt das Bundesamt für Naturschutz Der tödliche Vogelschlag an Scheiben ist in Deutschland eines der größten Vogelschutzprobleme überhaupt.

Aber auch sich bewegende Objekte und Hochspannungsleitungen stellen ein großes Problem dar. Hochgeschwindigkeitszüge, Flugzeuge und Autos werden oft erst zu spät von Vögeln wahrgenommen. Auch für die Insassen der Fahrzeuge kann Vogelschlag zu einem Problem und einer Gefahr werden.

Die unsichtbare Falle
Glasfronten und Fenster bergen zwei Gefahren. Erstens ist das Glas durchsichtig und wird nicht von Vögeln als Hindernis wahrgenommen. Zweitens kann es reflektieren, wodurch sich die umliegende Landschaft widerspiegelt. Diese Spiegelung wird von den Vögeln als attraktives Flugziel wahrgenommen.
In beiden Fällen gilt: Je besser die Illusion, desto häufiger kommt es zum Vogelschlag. Dreckiges oder unebenes Glas können z. B. von Vögeln besser wahrgenommen werden. Es ist ein Problem, dass die Vermeidung von Vogelschlag und Vogelschutz bei der Gebäudeplanung häufig ignoriert wird.

Nachträglicher Schutz
Beim Schutz vor Vogelschlag geht es darum, eine vorhandene Glasfläche für Vögel sichtbar zu machen. Dabei sollte die gesamte Glasfläche behandelt werden. Aufkleber von Greifvogelsilhouetten bspw. sind wenig hilfreich, da sie punktuell als Flughindernis wahrgenommen werden und die Vögel direkt daneben gegen die Scheibe fliegen. Hilfreich ist ein grobmaschiges Raster, das man aus witterungsbeständigem, farbigem Klebeband außen auf die Glasfläche klebt. Zuhause helfen auch Fenstermalereien oder Jalousien gegen die Vogelfalle.
Diese nachträglichen Maßnahmen gegen Vogelschlag sind leider keine Garantie für den optimalen Vogelschutz. Deshalb sollte bereits bei der Planung einer verglasten Konstruktion die Vermeidung von Vogelschlag berücksichtigt werden.

Vorbeugung
Um Vogelschlag vorzubeugen, sollten mögliche Gefahren schon während der Planung ausgeschlossen oder minimiert werden. Dabei ist es wichtig, dass auf klares oder stark reflektierendes Glas verzichtet wird, vor allem in Bereichen, wo eine Durchsicht in die freie Landschaft möglich ist. (Glasbrücken, transparente Balkongeländer, Lärmschutzwände, Wintergärten...) Milch- oder geriffeltes Glas eignen sich dafür, beeinflussen die Durchsicht für den Menschen aber stark. Außerdem gibt es seit 2005 ein UV-Glas, das auf seiner Oberfläche ein wirres Netz aus UV-reflektierenden Strahlen hat. Dieses bietet allerdings keinen ausreichenden Schutz, da UV-Strahlen nur von einigen, wenigen Vorgelarten wahrgenommen werden können.



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Über die 100.000 bis 200.000 von Windrädern getöteten Vögel wird interessengeleitet viel diskutiert, doch wie sind die Zahlen bei Glasscheiben, Freileitungen, Straßen, Bahnstrecken und beim Fischfang?

Glas und verspiegeltes Glas an Bauten töten eine unglaubliche Zahl von Vögeln
»An Glas­scheiben sterben europaweit nach Schätzungen 240.000 Vögel pro Tag, im Jahr wären das knapp 90 Mio. Tiere«, schreibt das Bundesamt für Naturschutz und erläutert das an einem Beispiel: »Bei einer einjährigen Untersu­chung am Bonner Post Tower kollidierten etwa 1.000 Vögel allein mit diesem Gebäude, 200 davon starben dabei sofort, einige Hundert weitere waren Todeskandidaten durch Desorientierung oder Verletzungen.«

Bundesweit sterben mindestens 18 Millionen Vögel durch Vogelschlag an Glas.
»Glas tötet unspezifisch, also potenziell alle Vogelarten, denn es wird in fast jeder Flughöhe verbaut. Es tötet Vögel unabhängig von Art, Alter, Geschlecht und Uhrzeit. Das belegen Studien aus den USA. Man kann natürlich sagen, dass Vögel, die oft vorkommen (»Allerweltsarten«) natürlich auch oft betroffen sind, Vögel, die selten vorkommen, nicht so oft, was aber nur an der vorhandenen Anzahl der Vögel liegt. Viele Vogelstationen haben regelmäßig Glas-Vogelschlag-Opfer aus verschiedensten Arten: Greifvögeln, Spechte (sogar sehr oft), Singvögel, Waldschnepfen, Zugvögel, standorttreue Vögel... einfach alles ... bis hin zu einem Storch, bei dem die Kollision sogar live beobachtet wurde.« sagt Dr. Judith Förster, Projektleiterin des Projektes »Vermeidung von Vogelschlag an Glas« des BUND NRW.

Mehr Infos: hier.





Eine allgemeine Stellungnahme des BUND zur „Vermeidung von Vogelschlag an Glas“



Sehr geehrte Damen und Herren,
§ 44 (1) BNatSchG verbietet das Töten oder Verletzen aller wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten, einschließlich aller heimischen Vogelarten. Unter das Verbot fällt auch eine signifikante Erhöhung des Tötungsrisikos durch ein Vorhaben, wie zum Beispiel dem Verbauen von gläsernen Bauelementen. Die Verbote des § 44 BNatSchG sind abwägungsfest.

Bei der Errichtung von Gebäuden oder technischen Anlagen mit Glasfassaden oder -elementen kann sich das Kollisionsrisiko für Vögel stark erhöhen. Vögel verenden entweder unmittelbar durch die Kollision oder verletzen sich so, dass sie später an den Folgen sterben oder zu einer leichten Beute für Fraßfeinde werden. Glas ist für Vögel unsichtbar. Sie sehen entweder hindurch oder nehmen nur eine Spiegelung der Umgebung wahr. Neben großflächigen Verglasungen stellen Eckverglasungen, (begrünte) verglaste Dachterrassen, gläserne Verbindungsgänge und -tunnel sowie (Lärm-)Schutzwände und Balkonverglasungen eine besondere Gefährdung dar, da diese in viel genutzten Flugschneisen von Vögeln liegen können. Dabei kann Glas in jeder Höhe eine Gefahr darstellen, da verschiedene Vogelarten unterschiedliche Flughöhen bevorzugen. Auch kleine Glasflächen oder Fenster können insbesondere durch Spiegelungen natürlicher Grünstrukturen eine Gefahr für Vögel darstellen.

Das mit dem Vorhaben verbundene Kollisionsrisiko ist in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde zu beurteilen. Einem erhöhten Kollisionsrisiko ist durch Verwendung von vogelfreundlichem Glas gemäß der österreichischen Norm ONR 191040 (Kategorie A - hochwirksam) oder durch andere geeignete konstruktive Maßnahmen zu begegnen. UV-Markierungen sind nicht ausreichend wirksam, da eine Reihe von Vogelarten kein UV-Licht wahrnehmen kann.

Ausführliche Informationen zum Thema Vogelschlag bieten die Broschüren „Vogelschlag an Glas“ des BUND NRW e.V. und „Vogelfreundliches Bauen mit Glas und Licht“ der schweizerischen Vogelwarte Sempach. Fachliche Beratung bietet der BUND NRW e. V. außerdem im Rahmen des Projekts „Vermeidung von Vogelschlag an transparenten und spiegelnden Bauelementen.“